Dampfsonderzüge

Seite 1 - 1982-1983

 

Die Traditionspflege wurde bei der Reichsbahn sehr ernst genommen. So begann man frühzeitig damit, historisch wertvolle Lokomotiven für eine Museumskarriere aufzuheben. Später bemühte man sich, außer diesen von jeder Dampflokbaureihe ein Exemplar als Museumslok vorzuhalten. Diese wurden dann oft schon vor dem Ausscheiden der Baureihe aus dem Plandienst auserkoren und in den jeweiligen Bahnbetriebswerken (Bw) gepflegt. So waren diese Lokomotiven in fachkundigen Händen und konnten nebenbei noch im Regeldienst ihren Beitrag zum Gedeihen der Volkswirtschaft leisten. Dabei war in den Bahnbetriebswerken oftmals die Nachfrage nach einer Traditionslok größer als das Angebot, was auch noch zu etlichen "heimlichen" Museumsloks führte, die von der Reichsbahnführung mehr oder weniger geduldet wurden. Viele Reichsbahner waren eben Eisenbahner mit Herz und Seele und engagierten sich auch in der Freizeit für die Bahn. Da wollte man nicht "von Oben" dazwischenhauen und die Motivation der Bahner für ihren Beruf ausbremsen. Das bescherte uns Eisenbahnfreunden eine Menge betriebsfähiger Traditionsloks, die auf Einsätze warteten.

Zum Einsatz kamen die Traditionsloks dann meist bei Dampfloksonderfahrten, von denen es in der DDR jedes Jahr eine ganze Menge gab. Da waren zum Einen die Fahrten des Deutschen Modellbahnverbandes der DDR (DMV), jeder Bezirksvorstand (BV) führte dabei jährlich mindestens eine durch. Die DR selbst feierte die Strecken- oder Bahnhofsjubiläen gern mit Sonderzügen und Fahrzeugausstellungen, auch hier gab es jedes Jahr Anlässe. Schließlich merkte man, daß man mit Dampfsonderfahrten auch Eisenbahnfreunde aus dem Westen in die DDR locken konnte und damit Einnahmen in harter Währung erzielte.

Bis heute profitieren wir von dem Traditionsbewußtsein der Reichsbahn, denn viele "Stars der Schiene" wären sonst längst den Weg alles alten Eisens gegangen. Nach der Wende in den Neunzigern übernahmen nach und nach Vereine das Geschäft mit den Sonderfahrten, die wiedervereinigte Bahn strich ihr Fahrtenprogramm immer mehr zusammen und nur noch wenige Dampfloks wurden von der DB betriebsfähig unterhalten. Wenn man heute eine Regelspur-Dampflok vor einem Sonderzug sieht, ist es meist eine Vereinslok.

Für uns Eisenbahnfreunde der Dampflokzeit bedeuteten die Sonderfahrten immer Abwechslung vom alltäglichen Dampfeinsatz. Hier konnte man längst aus dem Dienst geschiedene Baureihen in Aktion erleben. Auch so manches Fotomotiv konnte mit den Sonderzügen umgesetzt werden, wenn auf dieser Strecke der Dampflokbetrieb schon lange beendet worden war. So war auch ich bei vielen Sonderfahrten dabei, in dieser Galerie zeige ich nun meine schönsten Bilder dieser Sonderzüge.

 

 

Meine allererste Sonderfahrt führte mich am 08.05.1982 in den Norden der DDR. Der BV Schwerin des DMV hatte für seine traditionelle Frühlingsfahrt 01 2204 als Zuglok ausgewählt. Die Lok war zu dieser Zeit beim Bw Wismar beheimatet und sollte bald in den Westen verkauft werden. Die Route des Zuges war Rostock-Güstrow-Karow-Pritzwalk-Wittenberge. Ich fuhr im Zug mit und kam bei den vielen Fotohalten voll auf meine Kosten. Beispielhaft hier der Fotohalt mit Scheinanfahrt am Posten 363 bei Güstrow.

Einen längeren Aufenthalt gab es dann im Bahnhof Priemerburg. Seit jenem Tag habe ich die Lok nie wieder gesehen, auch wenn sie heute noch existiert - seit langem aber nicht mehr einsatzfähig.

Im Mai 1982 war der "Rheingold" auf DDR-Rundfahrt. Die Rückfahrt in den Westen fand am 31.05.1982 statt, die Oebisfelder 41 1144 brachte den Zug von Berlin Ostbahnhof nach Oebisfelde, hier der Fotohalt in Haldensleben. Wegen dieser Fahrt hatten die Lehrlinge des Bw Oebisfelde für die Lok extra ein neues Rauchkammer-Schild angefertigt, eckige Kupferziffern mit EDV-Ziffer - gut gemeint, aber natürlich völlig vorbildwidrig. Solche Ziffern verwendete die Reichsbahn vor dem zweiten Weltkrieg! Mit diesem Schild fuhr die Lok noch bis in den Herbst 82 im Plandienst.
41 1144 verläßt nun mit dem "Rheingold" für die Schlußetappe nach Oebisfelde den Bahnhof Haldensleben.

Am 28.08.1982 führte der BV Magdeburg des DMV eine Rundfahrt Magdeburg- Eilsleben-Blumenberg-Magdeburg mit 41 1132 und 65 1049 durch. Hier ist der Zug bei Seehausen auf der Nebenbahn Eilsleben-Blumenberg unterwegs.
Zwei Wochen später war ein Sonderzug für den BV Erfurt des DMV von Sangerhausen über Bretleben und Sondershausen nach Nordhausen unterwegs. Zum Einsatz kam die nach langer Abstellzeit wieder reaktivierte Museumslok 38 1182, die fortan vom Bw Gera betreut wurde. Trotz der vielen (disziplinierten) Fahrtteilnehmer kam man bei den Fotohalten voll auf seine Kosten, wie hier bei Göllingen.
Im Bahnhof Kleinfurra fand bei dieser hervorragend organisierten Sonderfahrt ebenfalls ein Fotohalt mit Scheinanfahrten statt, 11.09.1982.
Eine Woche später war es schließlich der BV Berlin des DMV, der zu einer Rundtour Berlin-Werbig-Wriezen-Berlin eingeladen hatte. Die motorisierten Zugverfolger, zu denen auch ich dieses Mal zählte, narrte man morgens erst einmal, denn eigentlich war der Rundkurs andersherum angekündigt. So warteten viele vergebens an der Wriezener Strecke auf den Zug. Deshalb schaffte ich meine erste Aufnahme des mit 52 6666 und 74 1230 bespannten Zuges erst bei der Einfahrt in den Bahnhof Werbig, 18.09.1982.
Nach der Mittagspause in Wriezen ging es auf direktem Wege nach Berlin zurück, aufgenommen kurz hinter Wriezen.

In Schulzendorf gab es dann gleich wieder einen Fotohalt, so das ich das gemischte Doppel 52 6666 + 74 1230 hinter Schulzendorf schon wieder aufnehmen konnte.

Ende September 1982 fand die erste Fahrt des Programmes "Garantiereisen" des Reisebüros der DDR für westdeutsche Eisenbahn-Freunde statt. Die viertägige Tour begann am 25.09.1982 mit 03 1010 von Leipzig nach Saalfeld, aufgenommen im Saaletal an den Dornburger Schlössern.
Fotohalt mit Scheinanfahrt gab es kurz darauf an der Autobahnbrücke bei Göschwitz.
Auch am 16.03.1983 war wieder ein "Garantiezug" von Leipzig nach Saalfeld unterwegs, Zuglok war wiederum 03 1010. Hier ist der Zug unter der Signalbrücke des Bahnhofes Camburg zu sehen, wo damals der Fahrdraht in Richtung Süden endete.
Am nächsten Tag ging es von Gera über Adorf und Zwickau zurück nach Leipzig - 38 205 übernahm die erste Etappe dieser Fahrt, aufgenommen in Greiz.

Unter dem Elstertalviadukt bei Barthmühle war Fotohalt angesagt, 17.04.1983.

Ab Plauen übernahm die Zwickauer 50 849 die Weiterbeförderung des Zuges, hier kurvt er bei Rebersreuth durch das Vogtland.
Weiter ging es mit 50 849 über die Nebenbahn Adorf-Falkenstein-Zwickau, Aufnahme bei Gunzen, 17.04.1983.
Am 18.06.1983 gab es endlich mal wieder eine Sonderfahrt auf den Gleisen der altmärkischen Kleinbahnen. Der BV Magdeburg des DMV fuhr an jenem Tag einen Zug von Stendal über Kalbe und Badel nach Jeggeleben Süd und zurück. Hier ist 89 6009 auf der Rückfahrt an der Hochrampe des Bahnhofs Badel zu sehen.
Wenig später durchfuhr der Zug den Bahnhof Bühne-Güssefeld.
Nun hat der Zug den ehemaligen Bahnhof Bismark-Anschluß erreicht, der mit der Übernahme durch die Reichsbahn in Hohenwulsch umbenannt worden war.

 

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